Wenn man ist was man isst, dann kann man in China wohl alles sein. Mit Sicherheit hat jeder schonmal ein verstreutes Gerücht dazu gehört, meist die Geschichte vom gedünsteten Hund oder von gegrillten Insekten. Die tatsächliche Liste an hier zubereiteten Tierarten ist allerdings ein ganzes Stück länger. Auch die landestypische Esskultur hat mit den deutschen China-Restaurants in etwa so viel gemein wie italienisches Essen mit Pizza Hut.
Machen wirs mal chronologisch und fangen mit der ersten Mahlzeit an. In Beijing hatten wir das grosse Glück jeden Tag mit einem traditionellen Frühstück zu beginnen, welches sich doch sehr vom westlichen unterscheidet. Kaffee gibt es nicht, Tee genauso wenig, den trinkt man hier eher Mittags oder Abends aber nicht zum Frühstück, generell wird in China anscheinend wenig zum Essen getrunken. Statt Brot mit Belag gibt es kaltes Fleisch (Ente, Schwein, Rind, eigentlich vollkommen egal), gekochtes Gemüse wie Bohnen, Karotten und Chinakohl, warme, mit einer Art Lauch (schmeckt ähnlich wie Bärlauch) und anderen Zutaten gefüllte Teigtaschen, Bohnensuppe und Tofu (ja, der Vegetarier-Fleischersatz. Ist in China ganz alltäglich, wird aus Bohnen gemacht und schmeckt tatsächlich irgendwie nach Fleisch). Dazu werden frische Früchte wie Wassermelone, Kiwi oder Drachenfrucht (gibts bei uns seltsamerweise nicht, schmeckt aber ziemlich interessant) gereicht, die das sonst eher deftige Essen wieder ausgleichen.
Nach so einem Morgenmahl will man dann am liebsten gleich wieder ins Bett um einen Verdauungsschlaf zu zelebrieren, denn das Ganze ist schon relativ schwer, schmeckt aber trotzdem sehr gut und gibt einem Energie für den Tag.
Es folgt das Mittagessen, das aber meist kleiner ausfällt - in Form eines einfachen Reisgerichts oder ähnlichem - bevor dann abends richtig reingehauen wird und der Tisch vor lauter Speisen nicht mehr zu sehen ist. Der Tisch ist in größeren Restaurants und auch bei unserer Gastfamilie der runde mit drehbarer Platte, gibts ja auch in Deutschland oft so. Der Unterschied ist aber, dass nicht jeder sein eigenes Gericht bestellt, sondern eine Vielzahl von kleinen bis größeren Speisen geordert werden, die in die Mitte gestellt werden und somit für jeden erreichbar sind (Anmerkung: durch Drehung). Somit isst also jeder von allem und nicht nur vom eigenen Teller. Dass das wesentlich interessanter und vielfältiger ist steht wohl außer Frage, es macht auch einfach mehr Spaß. Generell kann man sagen, dass die Esskultur eine wichtigere Rolle als bei uns spielt, in China dient ein Essen noch mehr der Kommunikation und wird als soziales Ereignis verstanden. Das Gerücht, dass am Tisch auch laut geschmatzt und gerülpst wird kann Ich bisher nicht bestätigen, das kann aber auch daran liegen, dass sich manche Gepflogenheiten der westlichen Kultur angenähert haben, zumal wir bisher nur in großen Städten waren, die schon eher westlich orientiert sind, vor allem Shanghai.
Da die Qis überaus gastfreundlich sind, waren wir in Peking sehr oft essen (und wir hatten keine Chance das selber zu bezahlen...der Vater bestand darauf uns einzuladen), unter anderem natürlich auch Peking-Ente, die geschmacklich tatsächlich der Knaller ist, was aber vor allem an der Ente an sich liegt. Die wird nämlich ihr Leben lang ordentlich gemästet, schläft viel und bewegt sich wenig. Da naturgemäß nur sehr wenige Enten so phlegmatisch sind, macht sie das natürlich nicht ganz freiwillig, etwa 2 Wochen vor der Schlachtung wird sie dann noch zusätzlich ruhig gehalten, angeblich dient das der Entschlaffung. Alles in allem gehts den Viechern aber wohl trotzdem weitaus besser als es 99% der gegessenen Hühnchen erging...
Nach der Schlachtung gibt es zwei verschiedene Arten der Zubereitung - bei der einen wird heiße Luft unter die Haut geblasen, damit sie sich vom Fleisch trennt und seperat verzehrt werden kann, bei der anderen wird dieser Schritt weggelassen, dafür wird die Ente aber direkt am Tisch zurechtgeschnitten. Wir hatten letzteres und konnten dabei zusehen, wie der Koch die Ente mit chirurgischer Präzision in kleine Stücke tranchiert. Diese werden dann zusammen mit Gurken, Lauchzwiebeln und einer speziellen Sauce in eine Art Pfannkuchen (oder neudeutsch Wrap) zusammengerollt. Aus dem Rest der Ente wird außerdem eine Suppe gekocht, die nach dem Essen serviert wird. Alles in allem sehr sehr lecker und absolut Pflicht wenn man mal dort ist.
Ok, nun zu den wirklich interessanten Dingen, alle die soweit gelesen haben, sollen belohnt werden: die oben erwähnte Liste an Tierarten. Ich glaube nicht, dass sie wirklich alles beinhaltet was hier auf den Tisch kommt, aber das haben wir bereits gesehen/gegessen:
In Restaurants:
- Hammel/Ziege/Schaf (in China macht das keinen Unterschied, es gibt nur ein Wort dafür, schmeckt sehr gut)
- Qualle
- Ochsenmagen (eher was fuer die Hartgesottenen)
- Frosch
- Schweinefüße/Schweinehaut/Schweinezunge/Schweinealles (man sollte schon ein wenig aufpassen, wenn man "Pork" bestellt)
- Seeohren (kennt in Deutschland keiner, ist ne Art Meeresschnecke, die bereits vom Aussterben bedroht ist, weil deren Haftfüsse in Ostasien eine so beliebte Delikatesse ist)
- Haifischflosse
- Entenkopf (Alex ist dafür der Experte. In seinem nächsten Leben hat er mindestens 3 Enten als Sklaven)
- Vogelnest (ja, gibt es wirklich. In dem Restaurant hat eins allerdings umgerechnet 120 Euro gekostet. Uns wurde gesagt, es schmeckt irgendwie teuer und man fühlt sich danach gestärkt und kräftig. Sehr teures Plazebo)
- Entenblut (hatten wir im chinesischen Fondue, das ist eher eine Art kochende fetthaltige Suppe als reines öl. Die vorbereitete und schon gewürzte Fondue-Suppe erhält durch die weiteren Fleisch- und Gemüsearten noch mehr Geschmack und wird immer aromatischer, unter anderem durch etwa ein Liter Entenblut, dass hineingeschüttet wird, gerinnt und als dunkelrote Masse wieder zur Oberflaeche ansteigt. Schmeckt so wie...Blut, also ein wenig nach Eisen, hat aber sonst eher wenig Geschmack)
- und noch weitaus mehr, hab vieles schon wieder vergessen. Manches lässt sich anscheinend auch kombinieren, so gibt es z.B. Schweinefüße an Abalonesauce (Seeohrensauce).
Am Straßenverkauf, Garküchen usw.:
- Seidenraupen (eigentlich ganz lecker, schmecken in etwa wie Garnelen)
- Tausendfüßler (10 Zentimeter lang, schmeckt nach sehr wenig. Allerdings sind die Füße schon unangenehm im Mund)
- Seepferdchen
- Skorpion (die lebendig aufgespießt und im kochenden öl gebraten werden)
- Schlange
- Rinderniere
- Ziegenhoden
- Seestern
- Seeigel
- Penis (allerdings nur unter der Theke, ein Straßenkoch rief uns das ziemlich laut hinterher und wollte unbedingt, dass wir probieren)
- usw...
also prinzipiell einfach alles. Dafür braucht man nicht extra aufs Land zu fahren, sondern nur in eine Seitengasse der King Street (ne Prachtmeile) in Beijing zu gehen und schon kriegt man alles was das Herz begehrt. Ehrlich gesagt kann Ich mir auch nicht vorstellen, noch irgendwo "exklusivere" Speisen zu sehen, die ganz harten Sachen haben wir ohnehin nicht ausprobiert.
Soviel zum Essen hier, bisher haben wir kein einziges mal schlecht gespeist, die Qualität ist hervorragend und der Preis dafür unverschämt günstig. Für ein großzügiges Mittagessen zahlt man nicht mehr als 30 Yuan, wenn man nicht soviel Kohle am Start hat geht das aber auch für ein Drittel, also umgerechnet einen Euro. Geht man edel essen (waren wir einmal, natürlich auf Einladung von Herrn Qi) zahlt man etwas mehr - allerdings immer noch sehr wenig im Vergleich zu Deutschland. Ein üppiges Abendessen für 8 Personen inklusive Getränke, Dessert usw. hat alles in allem 1100 Yuan gekostet...in einem Restaurant mit 8 lebensgroßen weißen Porzellanpferden im Eingangsraum. Da China eines der größten Einkommensgefälle der Welt von Ost nach West hat, kann man davon ausgehen, dass wir im Verlauf unserer Reise noch für weitaus weniger Geld eine Mahlzeit kriegen werden.
Und in China ist man mit Stäbchen.
also Drachenfrucht gibts bei uns auch zu kaufen!
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